Zur Diagnose erhöhter Cholesterinwerte sind neben einem Bluttest weitere Schritte nötig. Erfahren Sie, mit welchen zusätzlichen Maßnahmen Mediziner*innen die Fettstoffwechselstörung Hypercholesterinämie identifizieren.
Die Cholesterinwerte im Blick:Wie hoch ist zu hoch?
Zur Diagnose einer Hypercholesterinämie ermitteln Ärzt*innen im ersten Schritt mithilfe eines Bluttests verschiedene Cholesterinwerte. Von besonderem Interesse ist das LDL-Cholesterin. Die Cholesterinkonzentration wird in der Einheit Milligramm pro Deziliter (mg/dl) oder Millimol pro Liter (mmol/l) angegeben. Den einen Cholesterin-Zielwert gibt es nicht. Je nachdem, ob und welche weiteren Risikofaktoren vorliegen, sind unterschiedliche Werte bedenklich.
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Kardiolog*innen verwenden zur Einschätzung des Risikos das sogenannte SCORE2(Systematic Coronary Risk Evaluation 2)-Modell.1 Der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen e. V. bietet auf seiner Webseite einen Risikorechner an, der auf diesem Modell basiert. Interessierte können damit Ihr Risiko für ein Herz-Kreislauf-Ereignis innerhalb der nächsten zehn Jahre ermitteln. Das Modell berücksichtigt unter anderem Informationen zu Alter, Raucherstatus und Nicht-HDL-Cholesterin (Gesamtcholesterin ohne HDL-Cholesterin).1Je nachdem, wie hoch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Patient*innen ist, sollte die LDL-Cholesterinkonzentration folgende Werte nicht überschreiten:2
- 116 mg/dl (<3 mmol/l) bei einem niedrigen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- 100 mg/dl (<2,6 mmol/l) bei mäßig erhöhtem Risiko, zum Beispiel bei leicht erhöhtem Blutdruck
- 70 mg/dl (<1,8 mmol/l) bei hohem Risiko, beispielsweise bei stark erhöhtem Blutdruck kombiniert mit Tabakkonsum oder erblich bedingt hohen Cholesterinwerten
- 55 mg/dl (<1,4 mmol/l) bei sehr hohem Risiko, etwa bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie einem bereits erlittenen Herzinfarkt, einer starken Nierenschädigung oder einer länger bestehenden Diabeteserkrankung mit daraus resultierenden Organschäden
Mediziner*innen sprechenauch von Zielwerten, die Patient*innen erreichen sollten, um das Risiko für Folgeerkrankungen zu senken. Grundsätzlich gilt jedoch: Die Cholesterinwerte sollten so niedrig wie möglich sein – und das so früh wie möglich. Denn hohe Cholesterinwerte über viele Jahre hinweg steigern das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zu niedrige LDL-Cholesterinspiegel gibt es übrigens nicht. Neugeborene weisen in der Regel Werte von 25 bis 50 mg/dl (0,65 bis 1,29 mmol/l) auf.3 Untersuchungen zufolge reichen diese Konzentrationen dem Körper aus, um sich ausreichend zu versorgen und normal zu entwickeln.3
Sonderfall familiäre Hypercholesterinämie
Wenn sich bei der Blutuntersuchung zeigt, dass der LDL-Cholesterinwert bei Erwachsenen stark erhöht ist und über 190 mg/dl (4,9 mmol/l) liegt, kann das auf eine familiäre Hypercholesterinämie hindeuten.4 Bei Kindern unter 16 Jahren legt ein Wert von mehr als 155 mg/dl (3,9 mmol/l) LDL-Cholesterin diese erblich bedingte Fettstoffwechselstörung nahe.4
Bluttest auf Lipoprotein(a)
Expert*innen raten dazu, zusätzlich zum LDL-Cholesterinwert einmalig den Lipoprotein(a)-Spiegel bestimmen zu lassen. Lipoprotein(a), kurz Lp(a), ist einer der Fett-Eiweiß-Partikel, die den Transport von Fetten durch das Blut ermöglichen. Ähnlich wie das LDL-Cholesterin ist Lp(a) ein unabhängiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ist der Lp(a)-Spiegel erblich bedingt erhöht, steigt beispielsweise das Risiko für einen Herzinfarkt.
Die Bedeutung der Anamnese
Neben der Blutuntersuchung ist auch ein ärztliches Gespräch wichtig. Mediziner*innen stellen im Rahmen der sogenannten Anamnese diverse Fragen, um das individuelle Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen abschätzen zu können. Mithilfe von Informationen zu Essgewohnheiten, Bewegungsverhalten, Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme können Ärzt*innen außerdem klären, ob möglicherweise sogenannte sekundäre Faktoren, also äußere Einflüsse, als Ursache für erhöhte Cholesterinwerte infrage kommen. Von besonderer Bedeutung ist auch die Frage, ob Verwandte ersten Grades frühzeitig an einer Herz- oder Gefäßerkrankung erkrankt sind. Frühzeitig bedeutet, dass Männer vor dem 55. Lebensjahr derartige Erkrankungen wie einen Herzinfarkt erlitten haben.4,5 Bei Frauen gilt ein Auftreten vor dem 60. Lebensjahr als frühzeitig.4,5 Diese Fragen helfen abzuklären, ob eine familiäre Hypercholesterinämie vorliegen könnte.
Untersuchung auf körperliche Symptome
Zusätzlich zur Blutuntersuchung und zum ärztlichen Gespräch werden Patient*innen auf mögliche Symptome wie einen Arcus lipoides corneae, der vor dem 45. Lebensjahr auftritt, und Xanthome untersucht.4,5 Xanthome sind knotenförmige Fettablagerungen in der Haut, die zum Beispiel an der Achillessehne auftreten können. Beim Arcus lipoides corneae zeigt sich ein weißlicher Ring in der Hornhaut beider Augen, ausgelöst durch Lipidablagerungen. Diese beiden Symptome können ebenfalls auf eine Hypercholesterinämie hinweisen.6
Wichtig: Bei Verdacht auf die erblich bedingte Fettstoffwechselstörung familiäre Hypercholesterinämie können Ärzt*innen zudem einen Gentest veranlassen. Ein solcher Test erfolgt nur mit Zustimmung der Patient*innen. Die Identifizierung einer ursächlichen genetischen Mutation bestätigt die klinische Diagnose.4
Menschen mit erhöhten LDL-Cholesterinwerten haben in der Regel zunächst keine Beschwerden. Im schlimmsten Fall wird eine Hypercholesterinämie erst erkannt, wenn es bereits zu einer schweren Folgeerkrankung wie einem Herzinfarkt gekommen ist. Lassen Sie regelmäßig Ihre Blutfettwerte im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen kontrollieren, damit erhöhte Cholesterinwerte frühzeitig erkannt werden. Bei Personen ab 35 Jahren übernehmen Krankenkassen meist alle drei Jahre die Kosten für einen Check-up. Diese Untersuchung umfasst auch die Kontrolle der Blutfette.7 Bei Ihnen liegen weitere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck vor? Dann können häufigere Blutuntersuchungen nötig sein. Ärzt*innen beraten Sie dazu.
So geht es nach der Diagnose weiter
Wurde eine Hypercholesterinämie diagnostiziert, erklären Ärzt*innen Ihnen, welchen LDL-Cholesterin-Zielwert Sie anstreben sollten und welche Maßnahmen zur Cholesterinsenkung nötig sind. Um den Cholesterinspiegel zu reduzieren, ist zusätzlich zu einer Ernährungsumstellung, mehr Bewegung und weiteren Lebensstilanpassungen oftmals auch die Einnahme von Medikamenten nötig. Ziel ist es, Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu minimieren. Unser Cholesterin-Pass hilft Ihnen, Therapie, Medikation, Termine und (Ziel-)Werte im Blick zu behalten.
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Quellen
- SCORE2 risk prediction algorithms: new models to estimate 10-year risk of cardiovascular disease in Europe. https://academic.oup.com/eurheartj/article/42/25/2439/6297709?login=false, zuletzt aufgerufen am 12.07.2023.
- Kommentar zu den Leitlinien (2019) der ESC/EAS zur Diagnostik und Therapie der Dyslipidämien. https://leitlinien.dgk.org/files/2020_kommentar_dyslipdidaemie_ow.pdf, zuletzt aufgerufen am 12.07.2023.
- Die Cholesterin-Lüge. https://www.lipid-liga.de/wp-content/uploads/2022/03/Sonderdruck_Cholesterin-Luege.pdf, zuletzt aufgerufen am 12.07.2023.
- Familiäre Hypercholesterinämie: Entwicklungen in Diagnostik und Behandlung. https://www.aerzteblatt.de/archiv/161185/Familiaere-Hypercholesterinaemie#:~:text=In%20den%20meisten%20europ%C3%A4ischen%20L%C3%A4ndern,Myokardinfarkten%20(7%2C%208). zuletzt aufgerufen am 12.07.2023.
- 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk: The Task Force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and European Atherosclerosis Society (EAS). https://academic.oup.com/eurheartj/article/37/39/2999/2414995, zuletzt aufgerufen am 12.07.2023.
- Xanthelasmen und Xanthome: Hauterscheinungen können eine Fettstoffwechselstörung signalisieren. https://www.lipid-liga.de/wp-content/uploads/2022/02/cardiovasc_2013_13_05.pdf, zuletzt aufgerufen am 12.07.2023.
- Gesundheits-Check-up. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/checkup.html, zuletzt
aufgerufen am 12.07.2023.